Steuerflucht & Finanztransaktionssteuer: Zeit der Entscheidung

Gastbeitrag von Sven Giegold

Die Arbeiten zur Einführung von finanzmarktbezogenen Steuern und Abgaben nähern sich dem Höhepunkt. In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates findet sich folgende Aussage: „Weitere Arbeit ist bei Abgaben und Steuern auf Finanzinstitutionen notwendig, sowohl auf internationaler, als auch auf europäischer Ebene. Entsprechend dem Bericht des Rates, sollte es weitere Koordinierung zwischen den verschiedenen bestehenden Abgabe-Modellen geben, um Doppelbelastung zu vermeiden. Der Rat wird aufgefordert bis zum Europäischen Rat im Dezember 2010 zurückzuberichten. Die verschiedenen Optionen bezüglich der Besteuerung des Finanzsektors sollten ebenso untersucht werden, ebenso wie erfolgreiche Modelle um Steueroasen und Steuerflucht zu beschränken“. („Further work is necessary on levies and taxes on financial institutions, at both the international and internal levels. In line with the Council’s report, there should be further coordination between the different levy schemes in place in order to avoid double-charging.The Council is invited to report back to the European Council in December 2010. The different options regarding the taxation of the financial sector should also be examined, as well as good practices aimed at impeding tax havens and tax evasion.“)

Damit ist klar, dass der Rat sich bei der Finanztransaktionssteuer und den Bankenabgaben wieder auf nichts einigen konnte. Trotzdem ist das Thema nicht tot, sondern in den nächsten Monaten wird sich entscheiden, ob zumindest in der Eurozone eine Finanztransaktionssteuer oder wenigstens eine Finanzaktivitätssteuer eingeführt wird. Erfreulich und ein Fortschritt ist, dass nun auch das Thema Steuerflucht und Steueroasenbekämpfung in diesen Arbeitsprozess aufgenommen wurde. Insbesondere bei der Bekämpfung von Steuerflucht kann Deutschland von Australien, USA, Dänemark, Brasilien, usw. einiges lernen.

Neu ist, dass nicht die Kommission, sondern der Rat die Federführung für die Arbeiten übernommen hat. Bislang liefen die Arbeiten von Kommission und Rat hier parallel. Grundsätzlich ist das keine gute Entwicklung, wenn der Rat die europäische Gemeinschaftsmethode in immer mehr Arbeitsfeldern aushebelt. Pragmatisch gesehen, ist es hier aber eine Chance, den unwilligen Steuerkommissar Semeta zu umgehen. Die Zivilgesellschaft und progressive Parteien und PolitikerInnen sollte ihre Bemühungen jetzt multiplizieren, Einfluss auf diese Prozesse zu nehmen. Die Staaten sind pleite. Wann, wenn nicht jetzt, sollen wir Fortschritte erreichen? Die Zeit der Entscheidungen ist da.