Abgeltungssteuer Schweiz: Transparency International Deutschland bezieht Stellung

Wir freuen uns, dass mit Transparency International Deutschland ein wichtiger Akteur der Zivilgesellschaft Fahrt in Richtung Finanztransparenz und Steuergerechtigkeit aufnimmt. Gestern hieß es in einer Pressemitteilung von TI zum Amnestieabkommen mit der Schweiz:
"Edda Müller, Vorsitzende von Transparency Deutschland: 'Aus demokratischer Perspektive ist es beschämend, dass der Entwurf des Abkommens geheim bleibt. Bei der Bedeutung dieses Abkommens muss es den zuständigen Politikern und der interessierten Öffentlichkeit möglich sein, die Inhalte des Entwurfs schon vor der Unterzeichnung zu diskutieren.'"
Außerdem wird auch die Alternative benannt:
"Caspar von Hauenschild, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland: 'Dieses Abkommen ist so bedeutend, da es ein Präzedenzfall ist und damit zu rechnen ist, dass viele weitere Abkommen nach diesem Muster geschlossen werden. Über den Inhalt können wir nur mutmaßen, aber wenn die Gerüchte stimmen, wird es danach weiterhin möglich sein, als Steuersünder anonym zu bleiben sowie Geld aus Korruption, Drogen oder anderen Delikten weiß zu waschen. Absoluter Mindeststandard eines Abkommens muss der automatische Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden sein.'"(eigene Hervorhebung).
Diese Klarheit ist höchst willkommen. Denn der automatische Informationsaustausch ist einzig dazu in der Lage, eine ausreichende abschreckende Wirkung zu entfalten, und nicht erst nachträglich die Stecknadel im Heuhaufen suchen zu müssen. Außerdem könnte er helfen, gigantische internationale ökonomische Ungleichgewichte zurechtzurücken, die einen guten Teil für Umweltzerstörung, Gesundheits- und Arbeitsmarktprobleme hierzulande verantwortlich sind (mehr in diesem Hintergrundpapier).

Außerdem erfreulich ist ferner, dass TI die Schuldenkrise konsequent in den Zusammenhang der Steuerhinterziehung in Schattenfinanzzentren rückt. Heute schreibt Christian Humborg von TI Deutschland in The European:
"Im Frühjahr vermeldete 'Der Spiegel', dass geschätzte 600 Mrd. Schweizer Franken auf Konten griechischer Staatsbürger in der Schweiz lagern, ohne dass diese versteuert werden. Rechnen wir: Bei einer Verzinsung von 4 Prozent und einem Steuersatz von 25 Prozent würden jährlich 6 Mrd. Schweizer Franken generiert, also rund 5 Mrd. Euro pro Jahr. Und das allein aus der Schweiz! Mir ist nicht bekannt, wie viel Schwarzgeld in anderen Schattenfinanzzentren der Welt lagert."
Richtig identifiziert dieser Artikel die Hauptprobleme des heutigen Finanzsystems und entlarvt obendrein einen häufigen Einwand gegen den automatischen Informationsaustausch als perfide Strategie einer winzigen Minderheit:
"Eine verbindliche Feststellung muss eingeführt werden, wer eigentlich genau der beneficial owner, also tatsächlich Eigentümer eines Kontos ist. Trusts, Stiftungen und ähnliche Konstruktionen, bei denen nur ein Treuhänder bekannt ist, müssen der Vergangenheit angehören. Gerade in Europa ist der erwähnte automatische Informationsaustausch der Steuerbehörden absolute Voraussetzung für Steuerehrlichkeit, Steuergerechtigkeit und ökonomische Entwicklung. Deswegen ist der vermeintliche Steuerkompromiss zwischen deutscher und Schweizer Regierung, der morgen unterzeichnet werden soll, eine Katastrophe. Das Geld fließt zwar an Deutschland, aber das intransparente System bleibt unangetastet und Steuerbetrüger können davonkommen.

Bei der Forderung nach einem automatischen Informationsaustausch der Steuerbehörden setzt bei fast jedem Steuerzahler ein Abwehrreflex ein. Dieser Reflex gegenüber einem allwissenden Staat ist verständlich, aber in diesem Fall unangebracht. Wie viele Bundesbürger verstecken denn Geld im Ausland? 1 Prozent, 0,1 Prozent oder nur 0,01 Prozent? Ich weiß es nicht, aber ich weiß sicher, dass hier eine kleine Minderheit diffuse Ängste einer Mehrheit für ihre eigenen Interessen nutzt. Wir reden noch nicht einmal über die Publikation von Steuerzahlungen, sondern allein über einen vertraulichen Informationsaustausch."

Es stimmt hoffnungsvoll zu sehen, dass die Zivilgesellschaft offenbar beginnt gemeinsam an einem Strang zu ziehen und nicht dort schweigt, wo Unrecht in Gesetze gegossen wird.

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