EU Bürger fordern Schritte gegen Korruption und das Schweizer Bankgeheimnis

Über diese Petition auf Change.org lässt sich vielleicht streiten, aber sie sei unseren LeserInnen nicht vorenthalten. Aus TJN's Sicht wäre es (ebenso) wichtig, die Weichen für die Zukunft jetzt so zu stellen, dass notwendige Transparenz über die wahren Eigentümer und Begünstigten von Trusts, Stiftungen und Briefkastenfirmen zunächst europaweit online einsehbar werden. Diese Entscheidung wird gerade auf EU-Ebene beraten und die deutsche Bundesregierung scheint noch zwischen den Stühlen zu sitzen.

Die Ausweitung der EU-Zinsrichtlinie ist näher am Anliegen dieser Petition, denn diese macht  erforderlich, dass die Schweiz den überfälligen automatischen Informationsaustausch über Konten zwischen den Steuerbehörden einführt (siehe auch hier). Dazu bewegt sich gerade sehr viel, ebenfalls im Kontext von FATCA. Herausragend ist folgendes Zitat aus Schäuble's Verwaltung, wonach die deutsche Regierung die Ausweitung der Zinssteuerrichtlinie auf andere Kapitaleinkünfte wie Dividenden und Veräußerungsgewinne, sowie implizit auch auf andere als nur EU-Mitgliedsstaaten bzw. assozierte Gebiete, verlangt (siehe hier):
According to a document circulated in the meeting, Wolfgang Schäuble, Germany's finance minister, believes that bank transparency rules must go much further than the EU's existing proposals, to extend automatic exchange of information internationally. “Transparency cannot be limited to Europe but rather needs a global approach,” the Germany document said. “Considering that for tax purposes capital income can be structured as interest, dividends or capital gains, the EU savings directive should cover all kinds of capital income and an overall automatic information exchange.”
Herr Schäuble, das ist ein sehr guter Vorstoß der auch Europäische Empfindlichkeiten berücksichtigt und dieser Vorstoß sollte mit aller Kraft verfolgt werden. Jetzt bloß nicht kneifen! Auch höchst erfreulich der Vorstoß Merkels gegenüber ihrem Britischen Amtskollegen Cameron, die britischen Überseegebiete endlich zur Räson zu bringen (siehe hier):
"The coalition's plans to crack down on Britain's tax havens were discussed at a meeting between David Cameron and chancellor Angela Merkel, amid growing concerns in Germany. Merkel is understood to have had questions about the monitoring of British sovereign territories used as tax havens by the rich.

The German public has been alarmed in recent weeks about reports of its citizens using havens to avoid paying taxes at home, and the matter has become an electoral issue. But sources close to Cameron said that he was first to raise the future of the territories in order to spell out how his government was cracking down on tax avoidance in places such as Jersey and Guernsey."
Dieser Vorstoß ist erstaunlich direkt und auf dieser politischen Ebene und wohl kaum deutlicher zu leisten.

Diese Fragen behandelt diese Petition leider nicht. Hier ist der Petitionstext:
Wir, die Bürger der Europäischen Union, sind schwer beunruhigt über die Entwicklungen, die zu einem Transparenzmangel sowie der Unglaubwürdigkeit der Politik beitragen und fordern deswegen alle Institutionen der Europäischen Union und der nationalen Regierungen, nationalen Versammlungen, Parlamente und Kongresse und alle regionalen und lokalen Regierungen in der EU dazu auf:
- Die Gründung einer unabhängigen Wahrheits- und Gerechtigkeitskommission um zu untersuchen wie die Schweiz, die Schweizer Banken und Vermögensberater sowie andere Steuerparadiese zur Verschleierung der Korruption und Steuerhinterziehung, der Aushöhlung des öffentlichen Haushaltes, der Beeinträchtigung einer guten Regierungsführung und einer funktionierenden Demokratie und Gerechtigkeit in allen europäischen Ländern beigetragen haben.
 
- Die Untersuchung aller Bankkonten und versteckter Anlagevermögen europäischer Personen des öffentlichen Lebens in der Schweiz und anderen Steuerparadiesen.

- Eine Strafverfolgung durch Europäische Gerichte gegen die Politiker und Öffentlich Bediensteten (sowie ihre Familien), die verdächtigt werden Vermögen illegalen oder unbekannten Ursprungs insbesondere in der Schweiz, aber auch in anderen Steuerparadiesen, zu haben.

- Eine Strafverfolgung durch Europäische Gerichte gegen Personen, Öffentlich Bedienstete und ähnliche Personen, die sich unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit illegal durch europäische Hilfefonds, die zur Armutsbekämpfung und Entwicklungsförderung in anderen Ländern bedacht waren, bereichert haben.

- Eine Strafverfolgung durch Europäische Gerichte gegen alle Banker, Vermögensberater und öffentlichen Bediensteten der Schweiz oder anderen Ländern, die mit diesen Leuten zusammen gearbeitet haben oder diese in ihren Handlungen unterstützt haben die europäischen Regierungen zu betrügen oder bei der Verschleierung illegal erworbenen Vermögens mitgewirkt haben.

- Die dringende Gründung eines europäischen Fonds für die Belohnung und den personellen Schutz, derjenigen Personen und deren Familien, die geholfen haben unrechtmäßig erworbenen Wohlstandzu identifizieren und die im Kampf gegen Steuerhinterziehungen und ähnlichen Steuerstraftaten in einem europäischen Mitgliedsstaat mitgewirkt haben, sowie deren Asylgewährung unabhängig von deren Staatsangehörigkeit.

- Dass alle Öffentlich Bediensteten, politisch Beauftragten und gewählte Vertreter in Europa, inklusiv solche der europäischen Institutionen gesetzlich dazu verpflichtet werden, unter Eid zu schwören, dass weder sie noch ihre nahen Verwandten versteckte Vermögen oder geheime Bankkonten in der Schweiz, Liechtenstein, Singapur oder in irgendeinem anderen Ort der Welt haben. 
KONTEXT
In den letzten Jahren waren die Schlagzeilen in Europa und der ganzen Welt voll von Geschichten über Steueroasen, bad banks, Geldwäsche, Behördenbestechung und Korruption. Derartige Skandale sind mittlerweile leider zum Alltag geworden. Die Zeit, dass die Bürger sich mit kleinen Details der einzelnen Fälle abspeisen lassen, ist jedoch vorüber:
Nun ist es Zeit zu Handeln. Es steht nichts Geringeres auf dem Spiel als die Zukunft einer funktionierenden Demokratie.
Das System „globaler Steueroasen“ verlagert nicht nur die Kostenlast für essentielle Staatsaufgaben auf die einfache Bevölkerung. Ein solches System beeinträchtigt auch eine gute Regierungsführung, die den Volkswillen angemessen repräsentiert.
Es ist geradezu unmöglich für Politiker und öffentliche Bedienstete im Sinne des Gemeinwohles zu handeln, wenn es gleichzeitig so einfach für sie ist im Dienst Vermögen anzuhäufen, indem sie ihre „privatisierten“ Erlöse im Ausland verstecken.
DAS PROBLEM – PERIPHERIE UND ZENTRUM
Die beschriebenen Entwicklungen haben sich seit den 70ern stark vermehrt. Heutzutage gibt es 75 verschiedene “Rechtsordnungen der Geheimhaltung”, die Behördenbestechung, Korruption und Steuerumgehungen erleichtern, von Andorra, den Britischen Jungferninselnund Zypern bis hin zur Isle of Man, Singapur und Vanuatu.
Die Schweiz ist nach wie vor das Zentrum des internationalen Systems der Steueroasen, in welchem es darum geht politischen Personen des öffentlichen Lebens dabei zu helfen, große Summen illegaler Vermögen zu bewegen, zu verschleiern und aus der Ferne zu verwalten.
Die Unterstützung dieser Persönlichkeiten ist für die Schweizer Finanzinstitutionen keinesfalls neu. Die Schweiz und ihr verbrüderter Partner Liechtenstein sind seit mindestens 200 Jahren die bevorzugten Steueroasen für korrupte europäische Politiker und Diktatoren, die ihre illegalen Vermögen verstecken wollten. Seit dem Zweiten Weltkrieg und insbesondere seit den 70ern haben es die Schweizer Finanzinstitutionen geschafft ihre Dienstleistungen weltweit zu exportieren und somit korrupte Persönlichkeiten aller Kontinente zu unterstützen.
Leider haben die Schweizer Regierung und zahlreiche Kantone diese halb-legalen und völlig unmoralischen Geschäfte stets bis aufs Äußerste begünstigt. Die heute mehrere Billionen Euro umfassenden Geschäfte erleichtern die Transaktionen von korrupten Geschäftsleuten, Politikers und Institutionen weltweit. Alle unter dem Mantel des sogenannten „Bankgeheimnisses“, die im Grunde lediglich schwer kriminelle Geschäfte schützt.
Die unzähligen Bestechungen und Schmiergelder, sowie die privaten Bereicherungen auf Kosten der öffentlichen Staatskasse sind eine Geißel der Menschheit. Sie beeinflussen politische Entscheidungsprozesse in der Art, dass die privaten Interessen stärker berücksichtigt werden als solche der Allgemeinheit. Das Bankgeheimnis ermöglicht es gewissen Interessengruppen abschweifende Stellungnahmen und Erklärungen mit minimalen Steuern und Regulierungen zu kombinieren. Es schwächt die Demokratie sowohl im In- als auch im Ausland.
Außerdem werden Bürger wie Hervé Falciani, der Daten über hunderte Schweizer Bankkonten von wichtigen Persönlichkeiten in Europa und anderswo besitzt, als Verbrecher behandelt anstatt geschützt zu werden. Die Information, die Menschen wie Falciani bereitstellen könnten wird ignoriert. Auf diese Weise werden die zuvor beschriebenen kriminellen Geschäfte geschützt anstatt bekämpft zu werden.
WAS SOLLTE UNTERNOMMEN WERDEN?
Wenn wir wirklich das Korruptionsproblem von Personen des öffentlichen Lebens in den Griff bekommen wollen, dann sollte der Schwerpunkt zunächst einmal auf die Tätigkeiten der Schlüsselpersonen gelegt werden. Den Schwerpunkt unserer Aufmerksamkeit sollten wir an dieser Stelle auf die Schweiz legen.