Semeta: "Österreichs Blockade kostet uns Milliarden"

Das ÖsterreichischeWirtschaftsblatt (hier) hat ein Interview mit EU-Steuerkommissar Semeta abgedruckt, das durch seine Deutlichkeit überrascht. Das Interview führt in das Zentrum des komplexen strategischen Schachspiels um Steuergerechtigkeit in Europa, in dem die Schweizer Steuerabkommen ein von Bankenkreisen lancierter Versuch darstellen, die Bewegung zu mehr Finanztransparenz aufzuhalten (siehe hier und hier und hier).
"Die österreichische Blockade eines Steuerabkommens mit der Schweiz koste Milliarden. Das sei ebenso inakzeptabel wie das Bankgeheimnis, sagt der Steuerkommissar.

WirtschaftsBlatt: Sie sind ein Kritiker des österreichischen Bankgeheimnisses. Warum soll es Österreich aufgeben?

Algirdas Semeta: Österreich hat der Zinsbesteuerungsrichtlinie 2003 selbst zugestimmt. Darin wurden Übergangsfristen für Österreich und Luxemburg sowie eindeutige Bedingungen für den Wechsel zum automatischen Informationsaustausch festgelegt. Diese Bedingungen sind in der Praxis erfüllt: Alle Nachbarländer tauschen Informationen über die Konteninhaber auf Anfrage aus. Die Richtlinie sieht auch vor, dass die Erfüllung der Bedingungen von den EU-Staaten einstimmig bestätigt werden muss. Das erlaubt Österreich und Luxemburg, am Übergangsregime festzuhalten.

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Die Regierung will im Finanzsektor gleiche Wettbewerbsbedingungen wie die Schweiz.

Österreich ist in einer vollkommen unterschiedlichen Situation wie die Schweiz, die offensichtlich kein EU-Mitglied ist. Genauso wie die Schweiz behandelt werden zu wollen, ist daher vielleicht nicht das richtige Argument.

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Auch der US-Bundesstaat Delaware wird oft als Steueroase genannt. Machen Sie dagegen Druck in Washington?

Die Position der USA im Kampf gegen Steuerbetrug hat sich dramatisch geändert. Gemäß dem Foreign Account Tax Compliance Act (Fatca) müssen US-Bürger im Ausland ihre Kontenstände an die US-Steuerbehörden melden und in den USA versteuern. Die sind bei der Umsetzung des Fatca zum gegenseitigen Informationsaustausch bereit.

Die USA machen jetzt auch Druck auf das Bankgeheimnis?


Die größten Spieler der Welt bewegen sich in Richtung automatischer Informationsaustausch. Das Konzept des Bankgeheimnisses gab es lange genug. Es ist überholt und muss so rasch wie möglich ersetzt werden.

Finanzministerin Fekter führt dagegen den Schutz der österreichischen Sparer ins Treffen.

Da muss ich ganz deutlich sein: Der Wechsel zum automatischen Informationsaustausch betrifft nur Personen, die nicht in Österreich niedergelassen sind - also zum Beispiel Deutsche, die Konten in Österreich haben. (Von denen hebt das Finanzamt eine Quellensteuer von 35 Prozent zugunsten der Herkunftsländer ein, Anm.) Das interne Regime für Österreicher kann die Regierung behalten oder gestalten, wie sie will."
Ganz genau, Herr Semeta. Dieses Scheinargument wird immer wieder von Verfechtern des Bankgeheimnisses angeführt (etwa finden hier Bankenvertreter auf diesen Einwand durch Herrn Thielemann schlichtweg keine Antwort). Der ganze Artikel ist höchst lesenswert!