Ist Deutschlands automatischer Informationsaustausch mehr als symbolische Politik?

Am 15. Juli veröffentlichte das Finanzministerium die Kabinettsentwürfe zweier Gesetze zur Umsetzung des neuen OECD-Common Reporting Standard, dem neuen globalen System für einen automatischen steuerlichen Informationsaustausch. Auf der Internetseite des BMF lässt sich Finanzminister Wolfgang Schäuble wie folgt zitieren:
„Deutschland wird ab 2017 mit anderen Staaten in den automatischen steuerlichen Informationsaustausch über Finanzkonten eintreten. Dies ist das wirksamste Mittel, um Steuerflucht und Steuerhinterziehung umfassend einzudämmen. Damit handeln wir im Interesse aller steuerehrlichen Bürger und Unternehmen.“
Das hört sich gut an, und Deutschland steht einmal mehr in der selbstgerechten Pose vor der Welt (oder doch eher dem Spiegel eigener Eitelkeit?), schon immer auf das richtige hingearbeitet zu haben (wir übersehen hier einmal geflissentlich, dass Herr Schäuble noch vor kurzem das Gegenteil, nämlich den anonymen Amnestieweg für Steuersünder mit der Schweiz beschreiten wollte).

An dieser Version kommen jedem aufmerksamen Leser jedoch schnell Zweifel. Schon im Juni berichteten wir von einigen schier unglaublichen Schwächen im (nicht öffentlichen) Referentenentwurf des Finanzministeriums (hier ist der alte Blogeintrag dazu). Nun bewahrheiten sich einige schlimme Befürchtungen. Um nicht alle der Schwächen des vorigen Eintrags zu wiederholen, sei an dieser Stelle lediglich auf eine besondere Verirrung hingewiesen.

So sollen Finanzinstitute, selbst wenn diese mit Vorsatz deutsche Finanzkonten nicht ordentlich melden, mit einer Lappalienbestrafung quasi zum Missbrauch eingeladen werden.

In § 28 zu Bußgeldvorschriften heißt es (Seite 38, hier):
"(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 8 Absatz 1Satz 1 eine Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro geahndet werden."
Es ist schwer zu fassen, wie eine vorsätzlich missachtete Rechtsnorm für Finanzinstitute mit einer Geldbuße von höchstens 5000€ geahndet werden soll, man aber dennoch davon sprechen kann, "das wirksamste Mittel" zur Eindämmung der Steuerflucht umzusetzen. Es bleiben wenig andere Interpretationen übrig, als dass man es offenbar tolerieren möchte, wenn Finanzinstitute weiterhin schlampen und die Meldepflichten umgehen wollen.Von Schäubles Behauptung, "im Interesse aller steuerehrlichen Bürger und Unternehmen" zu handeln, bleibt somit wenig übrig.

Es ist dringend geboten, diese und die anderen Schieflagen (siehe hier) im weiteren Gesetzgebungsprozess zu korrigieren.

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